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KAPITEL

1. Lebensphasen
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2. Kramers 'klassische Periode', 1927 bis 1939 - Besonderheiten seines Exilschicksals
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3. Gescheiterte Rückkehr
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4. Anhang
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Konstantin Kaiser:
Theodor Kramer (1897-1958)


Zufällig hatte Heinrich Rothmund, der Leiter der Eidgenössischen Fremdenpolizei, der die Absperrung der Schweiz gegen unerwünschte Flüchtlinge mit Nachdruck betrieb, gerade am 6./7. Jänner 1939 die St. Gallener Behörden erneut unter Druck gesetzt, die Fluchtbewegung aus Österreich zu unterbinden. (vgl. Keller 1993, 235 f.) Möglicherweise hatten Kramer und seine Schweizer Freunde auf die Hilfe des St. Galler Polizeihauptmanns Paul Grüninger gesetzt, der Flüchtlinge unter Umgehung der in der Schweiz geltenden Bestimmungen ins Land ließ. Die Stellung Grüningers war aber in der Zeit, in der Theodor Kramer in die Schweiz einreisen wollte, bereits sehr prekär geworden. Am 31.3. 1939 wurde er vom Dienst suspendiert.

Kramer, Theodor: Schweiz 1939 zeigen

Theodor Kramer unternahm parallel dazu eine ganze Reihe anderer Versuche, das rettende Visum für ein Exilland zu erlangen. So beantragten er und Inge Kramer-Halberstam Visa für die USA, wo vor allem Inge Halberstam etliche Verwandte hatte. Allein an dieser letztlich erfolglosen Visumsangelegenheit sind eine Vielzahl von Personen beteiligt, und der Schriftwechsel, akribisch zusammengetragen, würde gewiss mehrere Aktenordner füllen.

Am 6. Februar 1939 verließ Inge Halberstam Wien mit einem britischen Dienstboten-Permit. Eine Mrs. Josephine Willcock in Albrighton bei Wolverhampton war bereit, sie als Hausgehilfin zu beschäftigen und unterzubringen. Inge Halberstam bemühte sich, in Großbritannien angekommen, nun auch für Theodor Kramer ein Dienstboten-Permit zu erwirken. Ihre Dienstgeberin wollte helfen. Doch am 23. März musste Theodor Kramer Ernst Waldinger (der in die USA emigriert war) melden, "daß sein vom [britischen] Home Office bewilligtes Permit vom britischen Konsulat in Wien ebenfalls abgelehnt worden sei, da er für den vorgesehenen Posten nicht geeignet erscheine."

Kramers Ehefrau Inge Halberstam zeigen
Waldinger, Ernst zeigen

Wieder parallel dazu bemühte sich Theodor Kramer um eine Ausreise in die Republica Dominicana und schrieb am 9.5. 1939 an Ernst Waldinger um Empfehlungen. Es ginge um eine Stellung als Bibliothekar an der Universität von Ciudad de Trujillo (Santo Domingo). Der Vermittler dieser Möglichkeit war ein Cousin Kramers, der Chemiker Dr. Paul Bleier. Theodor Kramer sagt von sich: "Ich bin elend krank, arbeite 16 Stunden täglich, bin moralisch völlig ungebrochen, ganz allein." (Brief an E. Waldinger, Wien, 9.5. 1939, zit. nach: Berthold, Eckert, Wende 1993, 343 f.)

Theodor Kramer bereitete seine Emigration auch anderwärtig vor; darauf, dass er viele seiner Manuskripte verschiedenen Freunden zur Aufbewahrung übergab, wurde im Zusammenhang mit Johann Muschik bereits hingewiesen. Rose Spranger berichtet:

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