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KAPITEL

1. Lebensphasen
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2. Kramers 'klassische Periode', 1927 bis 1939 - Besonderheiten seines Exilschicksals
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3. Gescheiterte Rückkehr
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4. Anhang
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Konstantin Kaiser:
Theodor Kramer (1897-1958)


"Steinitz [...] spielte im Vorstand der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller und Journalisten eine aktive Rolle. [Anmerkung: Was den Vereinsnamen betrifft, irrt sich Brassloff. Der Zusatz "und Journalisten" kam erst hinzu, als die Vereinigung, mit gewechseltem Personal, nach 1945 unter dem Vorsitz von Rudolf Brunngraber wieder ins Leben gerufen wurde. Viele Mitglieder der Vereinigung wurden in deutschen Konzentrationslagern ermordet: Heinrich Steinitz, Käthe Leichter, Else Feldmann, Adolf Unger, Benedikt Fantner, Walter Lindenbaum, Thekla Merwin.] [...] Kramer war Obmann-Stellvertreter des Vereines; das war wohl nur eine ehrende Geste; außerdem waren nur wenige Mitglieder literarisch allgemein geschätzt. Die sehr loyale persönliche Sekretärin von Dr. Steinitz besorgte auch die administrativen Agenden." (Brassloff 1985, 5)

In der Vereinigung fanden sich Autor/inn/en von beträchtlichem literarischen Ansehen mit weniger bekannten "Arbeiterdichtern" zusammen, führten gemeinsame Diskussionen und Lesungen durch. Einleitende Referate hielten Wieland Herzfelde, Emil Oprecht, Ernst Fischer, Oskar Maria Graf. Die "Vereinigung sozialistischer Schriftsteller" stand in der kurzen Zeit ihres Bestehens (bis zu ihrer behördlichen Zwangsauflösung nach dem Februar 1934) im Zusammenhang mit den vielen Bemühungen in jener Zeit, um die in Deutschland ausgebrochene "Walpurgisnacht" einen geistigen Cordon sanitaire zu ziehen. Johann Muschik, der den Zweiten Weltkrieg in Wien überlebte und dem Kramer vor seiner Ausreise nach Großbritannien einen großen Teil seiner Manuskripte und Korrespondenzen zur Aufbewahrung übergeben hat, berichet:

"In den Jahren 1933/1934 war Kramer, der früher kaum je eine politische Zeile geschrieben hatte, zum politischen Dichter geworden. Da man um seine Gesinnung wußte, wurde er kaum mehr gedruckt. In Privatwohnungen aber fanden nunmehr Vorlesungen statt. Kramer, der sein bester Interpret war, trug selbst vor. Er bot ein großartiges Bild, wenn er hinter dem Vorlesetisch saß: seine mächtige Erscheinung, sein bleiches Antlitz mit dem dunklen Haar. Er trug Bartkoteletten, und es gab Leute, die fanden, er sähe wie Franz Schubert aus. In kleinen Schlucken trank der Dichter gerne roten Sooßer Wein. Einmal las er auch in meinem damaligen Untermietzimmer." (Muschik 1970, 9)

Theodor Kramer war Mitglied des in Berlin ansässigen "Kartells lyrischer Autoren" gewesen, das dem "Schutzverband deutscher Schriftsteller" (SDS) eingegliedert war. Als der SDS am 10. März 1933 vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda "gleichgeschaltet" wurde (vgl. Martens 1975, 159), legte Theodor Kramer am 12. März "freiwillig unter Protest meine Mitgliedschaft beim Kartell lyrischer Autoren, Berlin, zurück." (Brief vom 24.02. 1938 an Richard A. Bermann in Wien, zit. nach Berthold, Eckert, Wende 1993)

Bermann, Richard Arnold zeigen
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Er blieb Mitglied des österreichischen SDS, der sich infolge der Ereignisse von der deutschen Mutterorganisation abgespalten hatte. Und als am 22. April 1933 in der ebenfalls bereits gleichgeschalteten "Literarischen Welt", Berlin, Theodor Kramers Gedicht "Maifeuer" erschien - in Gesellschaft anderer Beiträge österreichischer Schriftsteller, die als Begrüßungsadressen an das NS-Regime zusammenmontiert waren?, veröffentlichte Theodor Kramer am 6. Mai in der "Arbeiter-Zeitung" (Wien) eine Protesterklärung gegen diesen Missbrauch seines Gedichts und erklärte, dass er alle seine Arbeiten aus Deutschland zurückziehe.

Kramer-Abend, 1934 zeigen

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