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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Biographische Notizen
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3. In Großbritannien
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4. Die Schriftstellerin
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5. Anhang
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Siglinde Kaiser-Bolbecher:
Stella Rotenberg (1916)

Die Schriftstellerin


Stella Rotenberg passiert nochmals die realen Orte ihrer Kindheit, ihre "Ferienaufenthalte" in Pötzleinsdorf, Neulengbach, Baden, Semmering ... ohne die Sehnsucht, zu der die gefühlsmäßige Assoziation an "Heimatliches" verführen könnte.
Die Orte der Kindheit sind auch heute auffindbar und bleiben doch beliebige Flecken auf der Landkarte. Bei den ersten Ferien ohne Eltern, verbracht in einer Schüler Studentenkolonie in Zeltweg, die von der Vereinigung sozialistischer Mittelschüler organisiert ist, erlebt sie erste Selbständigkeit in einer Jugendgemeinschaft. Bereits ab dem Februar 1934 wird das Leben prekär. Was von der letzten Sommerfahrt in einer zugrunde gehenden Welt erinnert wird, ist der Vor Sonnenaufgang nach einer im Freien verbrachten Nacht in Paris.

Während in den Gedichten Sprödigkeit und Schlichtheit der lyrischen Sprache selbst zur Technik werden, baut sie in dem Zyklus "Als meine Mutter ..." über den Bruch der Zeit, über Vereinsamung und Öde eine Brücke in eine begehbare Welt.
Darin findet sich ein charakteristischer, quasi natürlicher "ziviler Ungehorsam", der die Literatur von Frauen auszeichnet. Aus verblassten Bildern werden Erlebnisse der Mutter als kleines Mädchen, als junge Frau - "Als meine Mutter klein war", "Als meine Mutter jung war", "Als meine Mutter ein Kind war" - in der Tradition des weiblichen Erzählens imaginiert und rekonstruiert. Sie handeln von der Vor-Geschichte eines Kindes, das sich seines Ursprungs nicht gewiss sein kann.

In dem Gedicht "Ungewissen Ursprungs" spricht Stella Rotenberg von "unbestätigter Vergangenheit". Verlassenheit und Heimatlosigkeit scheinen in den Erzählungen überwindbar, in denen die Erzählerin von Menschen sprechen kann, die sie um ihres je Besonderen willen liebt. Von der Schönheit eines Kindergesichts, das in dem schweigsamen Tagelöhner Peinke, der in seinen hängenden Schnurrbart nur "grunzte und krächzte", ein zärtliches, ihm völlig entschwundenes Glück erweckt. Von jeglichem menschlichen Treiben angezogen sind ihre Figuren, ihre Schutzbefohlenen, verletzt oft durch menschliche Niedertracht. Es ist die Schärfe der Beobachtung, ihre analytische Begabung, die die Spannung zwischen einem Außen und einem Innen als Möglichkeit menschlichen Handelns, aber auch von Unzulänglichkeiten begreift.

Rotenberg, Stella: Ungewissen Ursprungs. Gesammelte Prosa. 1997 (Buchcover) zeigen

Bacon, Yehuda: Ohne Titel Nr. 1 (Aus: Stella Rotenberg: Scherben sind endlicher Hort 1991) zeigen

Bacon, Yehuda: Ohne Titel Nr. 2 (Aus: Stella Rotenberg: Scherben sind endlicher Hort 1991) zeigen

Bacon, Yehuda: Ohne Titel Nr. 3 (Aus: Stella Rotenberg: Scherben sind endlicher Hort 1991) zeigen

Die Erzählungen folgen einer inneren Chronologie, während die äußeren Zeitmaße aufgehoben werden in der Gleichzeitigkeit von bäuerlicher Welt und modernen Verkehrsverbindungen. Das Dorf, Schauplatz des Geschehens, ist ein begehbarer Ort, mit seinen Häusern, seinem Tempelhügel. Die Bahnstation befindet sich in der nächstliegenden Kleinstadt, von der man zur Residenzstadt gelangt. Die Menschen leben in einem Reich, ein Anklang an die Donaumonarchie, zu dem ein loser, abstrakter Zusammenhang bestehen mag. Die Figuren sind real und doch merkwürdig rätselhaft. Die Erfindungen von Stella Rotenberg scheinen sich um einen unsichtbaren Kern zu formen.

Das Kind beobachtet, ohne in den Verlauf des Geschehens einzugreifen. Es ist ein um den gewaltsamen Tod der Mutter und die Ermordung vieler Verwandter in den Konzentrationslagern wissendes Kind. Der Faden spinnt sich über die erzwungene Entäußerung von Überlieferung hinweg und knüpft an Vertrauen und Vertrautes aus der Kindheit an. Ein Ariadnefaden durch den Schlund der Hölle hindurch, in dem das minotaurische Ungeheuer wütete.

Rotenberg/Radzyner: Meine wahre Heimat zeigen

Rotenberg, Stella: Scherben sind endlicher Hort. Lyrik und Prosa. 1991 - Buchcover zeigen

Kaiser, Konstantin: Das unsichtbare Kind: Stella Rotenberg zeigen

Rotenberg, Stella zeigen

Rotenberg, Stella: Theodor Kramer Preis zeigen

Rotenberg, Stella: An meine Landsleute zeigen

Rotenberg, Stella: Kinderlied aus Mauthausen zeigen

Rotenberg, Stella: Besuch im Heimatort zeigen

Rotenberg, Stella: Über die Hilflosigkeit zeigen

Rotenberg, Stella: Dichter im Exil zeigen

Rotenberg, Stella: Ohne Heimat zeigen

Rotenberg, Stella: Klage um den Verlust der Muttersprache zeigen

Rotenberg, Stella: An den Quell zeigen

Rotenberg, Stella: Abend in einer Anstalt für geistig Behinderte zeigen

Rotenberg, Stella: Requiem zeigen

Rotenberg, Stella: Das Volk Israel lebt! zeigen

Rotenberg, Stella: Vermächtnis von Auschwitz zeigen

Leitfragen: Porträt Nr 4 Siglinde Kaiser-Bolbecher: Stella Rotenberg (1916) zeigen

Leitfragen zu allen Überblicken und Porträts zeigen

Liste der Primärtexte (wählen Sie bitte aus!) zeigen


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