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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Biographische Notizen
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3. In Großbritannien
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4. Die Schriftstellerin
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5. Anhang
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Siglinde Kaiser-Bolbecher:
Stella Rotenberg (1916)


Ich war nicht dabei. Es ist alles vorbei. Ich darf mich nicht beklagen.

"Wenn ich Mutter sage, meine ich alle Schuldlosen. Meine Mutter umzubringen, war wie ein Kind zu ermorden, sie war ja schuldlos." (Stella Rotenberg, zitiert nach: Neue Zeit [Graz], 31.10. 1992)

Auch wird die existentielle Situation des Exils selbst, Heimatlosigkeit, Verlassenheit, Einsamkeit, immer mehr zum Thema, zur Qual. In Überlebensformel, Lied der Entronnen, Lied der Verworfenen, Die Traurigkeit gebiert ein Lied wird Schmerz benannt: "Du [der Schmerz] weißt von allen meinen Aufenthalten". Die Trauer zersetzt den Zusammenhang, den Zwischenraum, in dem Gemeinsamkeit noch möglich war, und hinterlässt Leere.

In den Zyklen "Als meine Mutter ..." und "Ungewissen Ursprungs", entstanden in den 1980er Jahren, setzt sich Stella Rotenberg der Spannung zwischen "unbestätigter Vergangenheit" und stofflich imaginierter Rekonstruktion von Herkunft und Sozietät aus.

Mit der ihm eigenen drastischen Schärfe bezeichnete Berthold Viertel Autobiographien als "Bilanzfälschungen" und "Särge, in denen geschminkte Tote zur Schau stehen" (Viertel 1990, 42). Ihm geht es dabei um zweierlei: um den Dschungel der Sentimentalität, der sich im Umgang mit der eigenen Saga um die realen und erdachten Orte, um die wirklichen oder vermeintlichen Geschehnisse der Kindheit pflanzt, ein Dschungel, der sich um den inneren Kern der eigenen Subjektivität rankt. Zweitens, um das gehütete und verdeckte moralische Leitmotiv der Scham, die jedes Ich, so es sich erinnert, in Verlegenheit setzt.

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