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KAPITEL

1. Biographische Daten und Kontexte
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2. Hilde Spiel - Die hellen und die finsteren Zeiten - Erinnerungen 1911 - 1962
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3. Hilde Spiel - "Der kleine Bub Desidere" - Frühe Erzählungen
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4. Hilde Spiel - "Kati auf der Brücke", 1933
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5. Hilde Spiel - "Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation"
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6. Hilde Spiel - "Lisas Zimmer"
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7. Hilde Spiel - "Welche Welt ist meine Welt?"
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8. Hilde Spiel - "Rückkehr nach Wien" - Ein Tagebuch
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9. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Hilde Spiel (1911-1990)


"Wir sind überwältigt von der schieren Größe und Vielfalt dieser Stadt. Ihr anzugehören, in ihr zumindest geduldet zu sein - auch wenn alle drei Monate bei der Fremdenpolizei um Aufenthaltserlaubnis angesucht und ihre Verlängerung mit Zittern und Bangen abgewartet werden muss [...]"

Spiel und Mendelssohn leben in Armut "[...] immer an der Kante einer Kluft, stets dem Absturz nah." (Spiel 1989, 153) Das Exil trifft sie härter, als ihre etablierten Schriftstellerkollegen. Sie müssen sich Sorgen um die Miete und um das Essen machen. Nicht immer wissen sie, wie sie den nächsten Tag überstehen sollen. Erst als Mendelssohn 1937 den Roman "All that matters" bei Hutchinson verlegt, sind die finanziellen Sorgen etwas gemildert. Mendelssohn schaffte, was Hilde Spiel wenig später ebenfalls gelang. Er wechselte die Sprache.

"Umso erstaunlicher ist der geglückte Versuch einiger Österreicher, ihre Romane nun in der fremden Sprache zu schreiben. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass sie zahlenmäßig die seltenen Versuche deutscher Autoren, auf englisch zu publizieren, übertreffen. Manche deutsche Autoren, die Wirtschaftsfachleute oder sonst durch ihren Beruf einer Fachsprache verbunden waren, die sie schon vor dem Exil kannten, haben politische und wirtschaftswissenschaftliche Fachbücher in englischer Sprache veröffentlicht, aber die Reihe von englischen Romanen österreichischer Autoren nimmt eine Sonderstellung ein. Das erstaunliche sprachlich-stilistische Niveau wurde auch von den zeitgenössischen englischen Rezensenten anerkannt. Aus der Feder österreichischer Schriftsteller ist eine einzigartige Romankunst entstanden, was sowohl den Stoff als auch seine sprachliche Bewältigung betrifft. Dass es sich dabei um die erste Gruppe von Romanen österreichischer Verfasser in englischer Sprache handelt, die im Zusammenhang gesehen werden sollte, ist ebenfalls zu beachten." (Patsch 1985, 239 f.)

Spiel unterzieht sich einer Gewalttour durch die englische Literatur. Sie liest und liest im Bewusstsein, dass das Lesen grundlegend für das Schreiben in der neuen Sprache ist. Im Rückblick hält sie ferner fest, dass sie die Wurzeln der englischen Literatur, die Bilderwelt, die Gleichnisse und Analogien erst wirklich begriff, als ihre eigenen Kinder in England aufwuchsen und die Geschichte von Lewis Carroll ("Alice im Wunderland"), und A. A. Milne ("Pu, der Bär") lasen. Zwar beginnt sie sich langsam in der englischen Gesellschaft einzuleben, pflegt Kontakt zum P.E.N und trifft sich mit englischen Schriftstellern; die wirtschaftliche Basis ihres Lebens ist aber immer noch fragil und gefährdet. Im April 1937 werden sie mehr oder weniger delogiert, weil sie die Miete nicht zahlen können. Dann tritt Peter de Mendelssohn die Stelle als zweiter Londoner Korrespondent des "Prager Tagblattes" und des Brünners "Lidove Noviny" an. Der erste Korrespondent Peter Smolka soll später einige Berühmtheit wegen seines ideologischen Wandels und Übertritts zum Sowjetregime erlangen. Das Büro des "Prager Tagblattes" in London ist es auch, in dem eine folgenreiche Begegnung stattfindet. Eines Tages betritt Hans Flesch-Brunningen die Räumlichkeit und damit beginnt ein gewagtes emotionsgeladenes Spiel, das mit der Trennung Hilde Spiels von ihrem Mann Peter de Mendelssohn und schlussendlich damit endet, dass sie Hans Flesch-Brunningen 1972 heiratet.

Flesch-Brunningen Hans zeigen
Flesch-Brunningen, Hans zeigen

Zweimal fährt Hilde Spiel 1937 noch zurück nach Wien, sie will ihre Eltern zur Emigration überreden, aber beide wehren sich noch. Sogar Ende Februar 1938 ist Hilde Spiels Vater nicht bereit, Wien zu verlassen. Er will einfach nicht wahrhaben, was da auf ihn und Österreich unaufhaltsam zukommt.

Spiel, Hilde: Anna und Anna (1) zeigen
Spiel, Hilde: Anna und Anna (2) zeigen

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